Es ist die 21. Episode und das ist wieder eine Sonderepisode denn ich will euch wieder so ein bisschen mitnehmen wie es bei mir in der Therapie l?uft bzw. in den letzten Sitzungen gelaufen ist. Direkt zum Thema (Risikosituationen) damit ihr wisst was euch erwartet. Was war in meiner Einzelsitzung, was habe ich in dieser gelernt und was hatten wir in der aktuellen Gruppensitzung.
Also in der Einzelsitzungen vom letzten Donnerstag starteten wir mit der Frage wie es mir geht. Bis hierhin ganz normal. Allerdings war ich sehr aufgeregt. Was mich aufgeregt hat war die Ungewissheit habe ich jedenfalls gedacht. Des Weiteren war da die Angst, dass langsam Sachen angesprochen werden die ich mein Leben lang verdr?ngt habe wie z.B. negative Emotionen, famili?re Hintergr?nde, Arbeitsgeschichten. Weist du, ich bin ein Typ der gerne an seine Leistungsgrenze geht und auch dar?ber hinaus. Insgeheim wei? ich schon l?nger das ich garnicht mehr wei? wo diese Leistungsgrenze ist. Dadurch gegebe ich mich oft in Risikosituationen. Das war dann auch ein Teil dieser Einzelstunde. Ich habe meiner Therapeutin dann gesagt dass ich mit Stress schlecht klar komme und das fr?her auch mit ein Grund war weshalb ich dann konsumiert habe, um zu funktionieren. Ich erz?hlte ?ber meine Kopfschmerzen und das diese immer auftreten wenn der Stress hoch ist.
Man kann von psychologischen Veranschaulichungen halten was man m?chte aber mir hat das Folgende sehr gut gezeigt was eigentlich los ist. Sie holte einen dritten Stuhl hinzu und meinte, ich solle mir einmal vorstellen mein Kopfschmerz w?rde auf diesem Stuhl sitzen. Als ob er eine weitere Person w?re die mit uns dort sitzt. Wenn dieser Kopfschmerz eine Konversation mit mir suchen w?rde, was versucht er mir zu sagen? Ich musste nicht lange nachdenken was um zu realisieren das der Kopfschmerz folgendes ruft:
Stopp! Alter …h?r auf! Es ist zu viel! STOPP!
Ich dachte immer ich sei jemand der schon klar sagen kann wenn ihm etwas nicht passt. In vielen Bereichen, vielleicht in den entscheidenen Bereichen des Lebens, kann ich das anscheinend nicht. Das Rollenspiel ging weiter indem ich als n?chstes STOPP rufen sollte. Aus meinem Mund kam ein verunsichertes Stopp. Meine Therapeutin meinte:
Komm schon, das kannst du aber besser
Also versuchte ich es wieder und tats?chlich, dieses Mal kam schon ein entschiedeneres STOPP. „Das klingt doch schon viel besser.“ wurde ich gelobt mit der darauf folgenden Frage wie es sich angef?hlt hat. Hinterkopfkratzend meinte ich das es sich richtig anf?hlte aber eher als Frage formuliert. In den f?r mich wichtigen, sch?tzenden Situationen habe ich das ja nie gemacht. Mit ein paar Tagen Abstand kann ich heute sagen das es sich sehr gut angef?hlt hat. Ich muss halt lernen die Grenzen zu erkennen und dann auch wirklich einen Cut zu machen. Das habe ich als erstes aus der Stunde mitgenommen: Mein Kopfschmerz passt auf mich auf!
Die zweite Sache die ich der Einzelsitzung gelernt habe ist sehr interessant. Meine Therapeutin erkl?rte mir, dass es drei Sensibilit?tstypen gibt was Belastbarkeit angeht. Typ 1 hat eine hohe Toleranz, Typ2 eine mittlere und Typ3 eine niedrige Toleranz. Hei?t Typ 3 gelangt schneller an seine Grenzen als Typ 1. Ich geh?re zum ersten Typen. Das kann ein Vorteil aber auch ein Nachteil sein. Der Vorteil ist schnell erkl?rt, ich bin einfach belastbarer als ein Typ3. Der Nachteil, und damit ein wirkliches Problem f?r mich ist, viele Dinge die ich mir auferlegt habe (teils ?ber Jahre hinweg) sind f?r mich zur Normalit?t geworden.
Ergo ich bin mittlerweile auf dem Typ 3 Level, denke aber als Typ1 ich sei das alles cool ist und es mir gut geht. Das geht so lange gut bis eine weitere Aufgabe kommt welche mich ?ber meine Belastungsgrenze treibt, gerade in Risikosituationen. An dieser Stelle frage ich mich warum ich nicht mehr funktioniere, warum ich nichts mehr geh?ndelt bekomme (ohne zu merken das ich ja voll viele Baustellen habe) w?hrend der Typ 3 schneller merkt das er einen Gang zur?ckschalten muss. Genau so f?hle ich mich aktuell bzw. schon ein paar Jahre. Diese Belastbarkeitsgrenze konnte ich mit Kokain immer gut verschieben. Daher kommen auch die Kopfschmerzen, das schnelle gereizt Sein und die vielen Selbstvorw?rfe bei schlechter Kritik. Nach dieser Erkenntnis haben wir die Einzelsitzung beendet. Mein f?hlte mich die n?chsten Tage echt durchgekaut weil ich so eine Ahnung habe was da irgendwann als Diagnose kommen k?nnte.
Was sind Risikosituationen?
Am Montag war dann, wie immer, Gruppentherapie. Vorher war ich noch schnell zur Urinkontrolle und dann ging es los. Das Thema war Risikosituationen erkennen. In den Wochen davor hatten wir R?ckfall und Stress als Themen um erstmal ein Gef?hl daf?r zu bekommen was eine Sucht eigentlich ist. Zu jedem dieser Themen findet ihr hier nat?rlich eine Episode. Jedenfalls starteten wir die Stunde, in der es um Risikosituationen ging, mit einem Kreislauf in dem sich jeder Mensch befindet. Wir sind immer also sind wir auch jederzeit in einer Situation. In jeder Situation f?hlen wir und haben Emotionen auch dann wenn wir das manchmal gar nicht merken z.B. durch Drogenkonsum. der Kreislauf schlie?t sich mit den Gedanken. Wir haben in jeder Situation, zu jeder Emotion auch jederzeit Gedanken. Auch das merken wir manchmal nicht z.B. wenn wir fernsehen. So weit so gut.
Um zu verstehen hat der Therapeut uns dann ein Experiment aus den Anfangszeiten der Psychologie vorgestellt. Pawlowscher Hund wird es genannt und wie der Name schon sagt wurde mit Hunden geforscht. Hunde zeigen ihre Freunde in dem sie mit dem Schwanz wedeln, im Kreis rennen, springen aber auch am Sabbern. Wir kennen es auch under dem Spruch:
Da l?uft einem das Wasser im Mund zusammen.
Pawlow dachte sich der Geifer muss doch messbar sein also installierte er eine Art Messgef?? an den Speicheldr?sen des Hundes. Anschlie?end zeigte er dem Hund einen sch?nen saftigen Knochen. Resultat war das der Hund sabberte und das Gef?? sich f?llte. Pawlow hat an dieser Stelle Freude messbar gemacht aber er ging noch weiter. Er wiederholte diesen Prozess und jedenfalls sabberte der Hund. Im zweiten Schritt ging er zu dem Hund und l?utete eine Glocke: Ding Dong! Nichts passierte weil der Hund nat?rlich nicht wusste was das zu bedeuten hatte.
Nur sein Ohr ging hoch weil das Ger?usch nat?rlich vernommen wurde. Auch den Schritt wiederholte Pawlow mehrere male. Ab dem nun folgenden dritten Schritt wird es interessant. Pawlow l?utete nun die Glocke und direkt im Anschluss gab er dem Hund den saftigen Knochen. DING DONG! KNOCHEN! Er fand heraus das diese Kombination nach schon wenigen Wiederholungen folgende Wirkung hatte. der Hund wusste, sobald die Glocke l?utet bekomme ich meinen Knochen. Pawlow hatte den Hund konditioniert. Warum lerne ich so etwas in der Suchttherapie?
Weil es einen vierten Schritt gibt und dieser ist sehr entscheidend f?r uns Menschen. Pawlow ging wieder zu dem Hund und l?utete die Glocke. der Hund freute sich und das Sabber-Gef?? f?llte sich. Nur gab es diesmal keinen Knochen. Er wiederholte den Vorgang und jedesmal freute sich der Hund aber die Freude wurde weniger und auch das ist gut f?r uns Suchtkranke. Denn wenn wir jetzt den Knochen durch ein Suchtmittel ersetzen und den Hund durch uns selbst, dann haben wir als Resultat exakt die selbe Konditionierung in bestimmten Situationen und zwar in den Risikosituationen.
Was sind denn jetzt eigentlich Risikosituationen? Die schlechte Nachricht ist das diese Situationen bei jedem verschieden sein k?nnen. Bei mir pers?nlich ist es oft die Arbeit aber nicht die Arbeit per se sondern viel mehr komprimierter, negativer Stress. Wenn alle durcheinander reden oder wenn A,B und C etwas gleichzeitig von mir wollen. Nebenbei kommen noch die Mails rein und am Telefon ist noch ein Kunde. Das sind f?r mich unter Anderem Risikosituationen. Am Start der Sitzung hatten wir ?ber den Kreislauf gesprochen. Die passenden Emotionen sind f?r mich Frust, Unwohlsein und Angst. An dieser Stelle kommt der Legitimationsgedanke oder auch der selbsterlaubende Gedanke genannt. In meinem Fall:
Ich brauch jetzt Kokain denn dann kann ich die Situation h?ndeln.
Weitere Risikosituationen sind z.B. Leute treffen, alte Konsumfreunde. Die passende Emotion ist Freude. Es k?nnte aber auch Angst sein. Angst vor Unverst?ndnis oder vor Entt?uschung. Der Legitimationsgedanke wird hier wahrscheinlich sein:
Das haben wir schon immer so gemacht.
Dieser Satz ist t?dlich f?r jeden Fortschritt. Aus dem Vertrieb kenne ich das wohl und aus Unternehmenskommunikation. Kleiner Tipp an dieser Stelle. Sollte dein Arbeitgeber diesen Satz verwenden und sich Beratungsresistent sind, dann solltest du dir Gedanken machen ob du in einem Unternehmen arbeiten m?chtest das auf der Stelle tritt.
F?r mich sehr bekannte Risikosituationen ist bzw. sind Familientreffen. Vielleicht kennst du das ja auch, die Familie kommt zusammen und es wird gestritten oder es wird konsumiert. Gef?hrliche Substanzen an deren Folgen jedes Jahr allein in Deutschland Tausende von Menschen sterben. Ich meine Alkohol und Nikotin. Eventuell wird auch erst konsumiert und dann gestritten. Auf jeden Fall eine Risikosituation. Die Emotionen sollten klar sein, Wut, Frust, ?rger oder Trauer. Der selbsterlaubende Gedanke k?nnte hier sein:
Einmal ist keinmal.
Weitere Beispiele findet ihr in der Episode. Ihr sehr es gibt viele Risikosituationen, in denen wir uns durch Konsum selbst konditioniert haben. Viele Risikosituationen lassen sich sicher vermeiden und das war auch der Tipp des Therapeuten. Gehe den Weg des geringsten Risikos. Genau so wie ein guter Poker-Spieler. Er w?gt die Situation genau ab und spielt nur wenn das Risiko ?berschaubar ist oder quasi nicht existent. So ihr lieben, das war es f?r diese Episode. Ich hoffe es hat euch gefallen und freue mich ?ber ein Feedback in den Kommentaren oder meinen Social-Media-Kan?len (einfach hier klicken).
Beste Gr??e, Roman