blu prevent - Niko im Drugtalk

#27 Vollfrei – Niko von blu prevent im Drugtalk

Herzlich willkommen zu einer neuen Episode Sucht und Ordnung! Es ist die 27. Episode da gibt es einen Drugtalk mit niko von Vollfrei bzw. blu prevent. Ich freue mich riesig dass das geklappt hat. Wir kennen uns ?ber Instagram, der Typ vom Viertelkollektiv hat die Verbindung hergestellt. Auf gehts. in die Fragen mit Niko von blu:prevent.

Zur Zeit is bei euch ja Fastnacht, Fasching oder Karneval?

Es ist ja auch verr?ckt was da abgeht, ich war als ich noch im Au?endienst war mal zu Karnevalszeit in Mainz, die ganze Stadt ist voll mit Menschen. Gef?hlt alle haben einen Sitzen.

Ja, ich habe auch schon ?ber Vollfrei angeraten ma?voll zu konsumieren. Die ganze Stadt ist ne Party. Ich bin mit meinen Kids manchmal dort, tats?chlich haben nicht alle einen sitzen aber sind mittags noch gut unterwegs und abends geht es rund. Schon heftig auf jeden Fall.

Das glaube ich. Gerade wenn dann der Pegel erreicht ist, bei Alkohol gibt es viele die dann einen Kontrollverlust erleiden und dann auf der Stra?e so rum liegen. Also ich war schockiert und ich komme aus Berlin!

Ja das ist heavy, weil das auch Leute sind, die das ganze Jahr ?ber gar nichts machen und dann ein Mal die Kuh fliegen lassen. Das geh?rt aber auch so ein bisschen dazu. Wir tun gut daran, wenn wir den Menschen Kan?le bieten wo sie auch mal die Kuh fliegen lassen k?nnen. Die Schwierigkeit ist halt, dass viele die das das ganze Jahr ?ber machen, das das au?er Kontrolle ger?t. Das darf dann halt nicht passieren. Wir brauchen auf jeden Fall Orte wo man auch mal feiern kann und bei Fastnacht ist das halt extrem viel und extrem toll. Wer das nicht sehen will und nicht erfahren will, der geht halt besser nicht hin.

Niko, stell dich doch mal bitte kurz vor!

Roman, vielen Dank dass wir das heute machen k?nnen. Es ist mir total wichtig, denn es ist ja gut und sch?n dass wir Dinge tun als blaues Kreuz, das ist unser Dachverband aber das funktioniert nur dann wenn wir mit den Menschen im Gespr?ch sind, die da Interesse dran haben oder die es betrifft. Da sind dann Viertelkollektiv, Sucht und Ordnung oder Adriano ganz wichtige Partner f?r blu prevent.

blu prevent gibt es schon relativ lange. Zum Anfang analog mit Schulworkshops, Suchtpr?vention, Aufkl?rung ?ber das Thema Sucht. Wir wollen die Kids in Bezug auf Suchtpr?vention soweit fit machen, dass sie selber erkennen, ob das was sie tun ihnen selber noch gut tut. Wenn wir an die Schulen gehen, dann sensibilisieren wir das Thema Sucht und kl?ren ?berhaut mal auf das Sucht eine Krankheit ist und man die heilen kann. Auch ein bisschen Angst nehmen und enttabuisieren.

Vor knapp vier Jahren hat sich das Blaue Kreuz entschieden, wir m?ssen digitaler werden, wir m?ssen dort hin wo die Menschen auch tats?chlich sind und das ist das Internet. Ob wir das jetzt gut oder schlecht finden mit all seinen Risiken und Chancen. Wir haben eine App programmiert und Software f?r Fachkr?fte programmiert, wie sie Workshops auch mal anders gestalten k?nnen und sind auf Social Media ziemlich intensiv unterwegs.

Das ist der digitale Part den wir machen, gleichzeitig haben wir aber auch noch viel Analoges, ganz oldshool. blu:prevent hat ein Buch raus gebracht, das Praxisbuch Suchtpr?vention (Roman besitzt es ?brigens auch!) das war uns eine Herzensangelegenheit. Damit wollten wir ein Buch raus bringen, was sowohl die Fachkr?fte als auch die Ehrenamtlichen anspricht, das die das auch nutzen k?nnen. Es ist nicht das wissenschaftlichste Buch aber man kriegt total coole Feedbacks von Fachkr?ften, Lehrkr?ften und Ehrenamtlichen, die einfach sagen: „Geil da verstehen wir so ein bisschen was ist Pr?vention und was ist eigentlich Sucht.

Wir kriegen Kontaktadressen und das dr?ckt eigentlch auch am besten aus was blu prevent ist. Das wir eine Plattform bieten wollen f?r alle Menschen die zum Thema Sucht was machen wollen in deutschsprachigem Raum. Weil wir als blu prevent auch nach ?sterreich liefern und man glaubt es kaum, auch in die Schweiz, die ja suchtpr?ventiv total cool unterwegs sind.

Beeindruckend! Welche Rolle spielst du da?

Ich mache schon ewig Suchtpr?vention und hab vor zwei Jahren gedacht ich muss mal was neues machen. Da bestand schon der Kontakt zu Benni und zu blu:prevent und da hat Benni mich dann gefragt ob ich nicht Bock habe da mit einzusteigen. Das war der richtige Zeitpunkt. Da wo ich vorher gearbeitet hatte, ging viel aber so konnte ich einen Schritt weiter gehen. Dann habe ich da angefangen, bin jetzt zust?ndig f?r das Praxisbuch, muss gucken das da Content rein kommt, versuche immer Fachartikel an Land zu ziehen, geschrieben von Menschen die wirklich was zu sagen haben. Au?erdem bin ich f?r Instagram zust?ndig, also den Socialmedia Bereich. Ich mache mit meinem Kollegen den Content f?r die App, bin nicht nur Sozialp?dagoge sondern auch Contentmanager und mache Vertrieb.

Das ist ein bisschen Verr?ckt. Auch bin ich auf Schulungen f?r Lehrkr?fte oder Pr?ventionsleute sowie auf Tagungen unterwegs, Messest?nde usw. Noch einer meiner Schwerpunkte ist der Chat, ?ber die App k?nnen Menschen mit uns in Dialog treten und ich muss gucken das wir ordentlich viele Chatmoderatoren haben, muss die bei Laune halten, muss gucken das der Chatbewegungsplan am laufen ist und mache auch selber den Chat. Ich schreibe relativ viel f?r unsere Verbandszeitschrift, weil ich das ganz gern mach und  bin im Redaktionsteam , hab verbandsinterne Aufgaben und f?r unser Projekt ganz viel zu tun.

Wie lange machst du schon Pr?ventionsarbeit?

Ich mache ca 10 Jahre schon Pr?ventionsarbeit und 15 Jahre als Sozialp?dagoge unterwegs, was ja auch Pr?vention ist. Klettern gehen, raus gehen, Kanu fahren usw. Jetzt den Schwerpunkt Suchtpr?vention, vorher in einem Bundesland das sich um Mainz gruppiert, aktiv und jetzt Bundesweit. Suchtpr?vention ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Das bedeutet alle m?ssen daran im Rahmen ihere M?glichkeiten arbeiten.  Aber k?nnen/wollen das wirklich alle? Wie schafft man es, dass man jeden so mitnimmt, dass der sich dann auch wohl f?hlt? Von einer Lehrkraft kann ich nicht erwarten das sie eine Suchtberatung macht mit einem jungen Menschen. Ich kann aber erwarten das sie ihn begleitet.

Auch der Jugendarbeiter, wenn der klettern geht, dann muss der wissen was dahinter steckt. Da k?nnen wir ganz viel tun. Wir haben gro?artige Strukturen in Deutschland. Diese sind zum Teil nur nicht vernetzt. Wir m?ssen von dem Punkt weg kommen wo das ne freiwillige Leistung ist, hin zu einer Pflichtaufgabe. Es gibt andere L?nder, da hat die Jugendarbeit einen ganz anderen Stellenwert. Geh mal nach England oder Finnland, da hat der Sozialarbeiter noch ein ganz anderes standing. Da geht es nicht nur darum, wollen wir das als Kommune oder wollen wir das nicht? Da muss das gemacht werden! Und das ist wirklich Suchtpr?vention was da abgeht!

Genau. Skandinavien ist ja mit ganz vielen Sachen ganz vorne mit dabei. Ich w?rde sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen es geht gar nicht um die Suchtpr?vention, weil soweit muss es ja gar nicht kommen wenn die Jugendlichen fr?h genug abgeholt werden und die Ziele gro? genug sind und  Perspektiven da sind, dann kommt es ja gar nicht erst zu dem Schritt wo ich mich jetzt befinde.

Genau und man kann da wirklich gleich einen Schritt weiter gehen. In Potsdam ist eine Fachstelle, die hei?t auch nicht mehr Fachstelle Suchtpr?vention sondern Fachstelle f?r Konsumkompetenz. Es geht in der Suchtpr?vention ja nicht unbedingt um das Thema Sucht sondern das Thema Menschen begleiten und st?rken, Erfahrungsr?ume bieten, wo sie sich erleben k?nnen und daraus dann lernen k?nnen. Wenn ich mit Jugendlichen unterwegs bin, ist das nicht deren Thema. Es sei denn sie kommen aus einer Sucht belasteten Familie. Es geht ja wirklich darum: Wie kann ich mein Leben mit all dem Wahnsinn darin auf die Kette kriegen und kann mir selbst Strategien erarbeiten, mit diesem Wahnsinn umzugehen.? Das ist die Aufgabe von Suchtpr?vention.

Kannst du mir die Konstellation zwischen blu:prevent, Vollfrei, Blaues Kreuz etwas genauer erkl?ren?

Es gibt in Deutschland 5 gro?e Verb?nde der Suchtselbsthilfe. Menschen die sich mit dem Thema Sucht auseinandersetzten und sich in Gruppen treffen, Sportveranstaltungen etc. Das sind Betroffene, Angeh?rige wie auch immer. Das blaue Kreuz in Deutschland e.V. ist einer dieser 5 Verb?nde. Die Guttempler und der Freundeskreise sind zwei weitere.

Das BKD gibt es seit 130 Jahren aber es kommt urspr?nglich aus der Schweiz. blu prevent ist eine Einrichtung des BKDs. Junge Menschen k?nnen mit dem Begriff blu prevent nicht viel anfangen. Mit Blue = blau vielleicht, wegen Alkohol, blau sein etc. Das „Prevent“ kam so ein bisschen daraus, dass wir das ganze als ein Event halten m?chten und die Pr?vention sollte mit rein. Einen Jugendlichen interessiert so etwas nat?rlich weniger und so kamen wir dann auf diesen Claim #vollfrei, der so ein bisschen die junge Dialoggruppe abholen soll. Vollfrei trifft es gut, denn es geht ja um die absolute Unabh?ngigkeit, die man irgendwie nach M?glichkeit erreichen m?chte. Ob es sie gibt ist eine andere Sache.

F?r uns ist es neben den eigenen Initiativen sehr wichtig mit Multiplikatoren wie Viertelkollektiv oder dir zusammenzuarbeiten. Erstens weil ihr tolle Menschen seid aber auch weil ihr es erlebt habt und mit einer anderen Authentizit?t die Leute erreicht. Wenn du einen Beitrag wie letztens die Vorteile und Nachteile von Konsum und Abstinenz an den Start bringst, dann kann ich noch ein paar fachliche Anmerkungen geben und wir erreichen gemeinsam die Menschen und unterst?tzen uns so gegenseitig.

Wie ist denn das Blaue Kreuz urspr?nglich entstanden?

Ein schweizer Pfarrer hat das damals gegr?ndet. Du musst dir vorstellen, dass man vor ca. 130 Jahren nach der Arbeit eine Lohnt?te bekommen hat, den so genannten Tagelohn. Auf dem nach Hauseweg waren allerdings, wie heute auch, ein paar Verlockungen. Viele Arbeiter haben den Lohn in den Kneipen gelassen, sind dort versackt und entwickelten eine Abh?ngigkeit. Der besagte Pfarrer hat das Problem erkannt und dachte sich, dass er dagegen etwas tun musste und hat sich f?r Aufkl?rung eingesetzt.

Kurz danach ging er nach England um sich mit den schon bestehenden „Pr?ventionsangeboten“ auszutauschen. Dabei entstand der Begriff der solidarischen Abstinenz. Er sagte sich: Es gibt so viele Menschen mit Alkoholproblemen oder anderen S?chten und aus Solidarit?t verzichte ich jetzt einfach auch darauf!“ Darauf hin gr?ndete sich das Blaue Kreuz.

Damals in der Industrialisierung war das echt heftig. Die Leute hatten etwas Geld aber tierisch viele Probleme und wenn Probleme da sind zzgl. Alkohol oder anderer Drogen, dann neigt man gerne dazu die Probleme zu vergessen. Das kennst du ja am Besten.

Wie erreicht ihr die Konsumenten bzw. die Abh?ngigkeitserkrankten?

Benni, Dirk und ich kommen da schwierig ran. Wir drei machen, bis auf die Schulworkshops und den digitalen Beriech, da nicht mehr so viel weil wir mittlerweile auch viel Administratives zu erledigen haben. An diesem kommen unsere 6000 Mitglieder aus dem Verband ins Spiel. Wir haben ein riesiges Netzwerk von Fachkr?ften von anderen Tr?gern und die sind alle „drau?en“ unterwegs, quasi an forderster Front mit unserem Material. Das macht uns stolz. Wir haben festgestellt, dass wir nicht beides machen k?nnen weil wir sonst in Arbeit ersticken w?rden. Stell dir mal vor wir w?rden die Materialien bereitstellen und gleichzeitig mit den Kids unterwegs sein aber beides mit 100%. Das funktioniert leider nicht. Nat?rlich sind wir punktuell immer mal wieder mit draussen aber der Schwerpunkt liegt bei mir momentan auf Social Media und unserem Chat.

Kann man bei euch einfach eintreten wie in einem Verein?

Grunds?tzlich schon. Es gibt ein paar Kriterien die man erf?llen muss aber ja klar. Man geht z.B. in die einzelnen Gruppen der Verb?nde, nimmt dort teil und nach einer gewissen Zeit (1 Jahr) kann man Mitgleid werden. Es bedeutet aber auch, dass man selbst abstinent leben muss. Es gibt aber auch die M?glichkeit des Freundschaftsstatus. Da muss man nicht abstinent leben. Also ich zum Beispiel habe den Status. ich lebe nicht abstinent aber ich war auch nie Betroffener. Die einzige Sucht war vlt. mal Sport. Ich trinke ab und zu Alkohol und habe halt den Freundschaftsstatus. Grunds?tzlich kann jeder Mitglied werden.

Wie denkst du ?ber Konsum?

Fakst ist in Deutschland wird konsumiert und zwar alles M?gliche. Ob die Kiste Bier im Tischtennisverein bzw. beim Angeln oder die verschiedensten Substanzen auf Punk-Rock oder HipHop Konzerten. Wir wollen auch aus Solidarit?t gegen?ber unseren Partnern immer etwas vorsichtig sein und preferieren eher die Abstinenz aber die Grundsituation ist ja weiterhin vorhanden. Ich glaube ein gesunder Umgang mit Konsum (darunter z?hlt auch Internetkonsum, Gaming oder Kaufsucht) muss irgendwie erlernt werden. Innehalten bevor ich etwas tue, auf einander achten w?hrend Dessen und das Reflektieren nach dem Konsum.

Wenn das gelebt wird und tief in uns verankert w?re, dann k?nnte ich mir das vostellen. Nennt man dann Konsumkompetenz, der im Verband ?brigenz auch besprochen wird. Wir sind uns ja dar?ber auch bewusst, dass Abstinenz, insbesondere f?r Abh?ngigkeitserkrankte, sch?n w?re aber in der Realit?t nicht ?berall umsetzbar ist. Dann doch gerne einen bewussten Umgang mit Konsum erlernen.

Arbeitet ihr mit der Drogenbeauftrageten zusammen?

Grunds?tzlich arbeiten wir nat?rlich mit der Drogenbeauftragten zusammen. Wir wurden 2018 sogar mal Projekt des Monats und trafen uns mit Frau Ludwig. Da wird es in naher Zukunft auch wieder ein Zusammentreffen geben. Als Verband hat man ja einen gewissen Auftrag und so wird es in der Position der Drogenbeauftragten auch sein. Ich glaube sie kann sich nicht einfach hinstellen und Konsumkompetenz als Ziel ausrufen. Sie muss als Politikerin ja auch jedes Wort in die Wagschale werfen.

Ich merke aber, dass sich etwas bewegt. Entkrimminalisierung von Cannabis war unter der Vorg?ngerin von Frau Ludwig ein absolut rotes Tuch. Das konnte man nicht ansprechen aber mittlerweile kommen Themen wie Konsumr?ume und Safer Use auf einmal ins Gespr?ch. Es ist schonmal ein Fortschritt.

In einem Land wie Deutschland muss man das warscheinlich auch Scheibchenweise machen damit es ihr nicht um die Ohren fliegt. Stell dir vor du ?nderst von Heute auf Morgen das ganze System. Ich denke da ist der Gegenwind einfach zu stark, auch wegen der Verantwortung die sie tr?gt. Die M?hlen mahlen sehr sehr langsam aber wir sind im Dialog und das empfinde ich als das Wichtigste.

Wie ist deine Meinung zur Prohibitionspolitik?

Ich zitire da immer ganz gerne Kofi Annan. Der hat mal gesagt: The war on drugs is over! Das ist schon einige Jahre her. Dieser Krieg den wir gegen die Drogen f?hren, der funktioniert einfach nicht. Die Prohibition ist ja nix anderes als ein Krieg. Selbstverst?ndlich muss es Regeln geben, gerade im Jugendschutz. Das ist unfassbar wichtig! Kiffen unter 18 Jahren ist einfach schie?e. Ich wei?, es wird gemacht aber f?r einen selbst ist das einfach schei?e weil der K?rper noch nicht voll entwickelt ist.

Das sind Sachen, die m?ssen gemacht werden aber die anderen Geschichten sorgen nur daf?r, dass das ganze Thema in den Untergrung ger?t. Beim Alkohol haben wir es doch eigentlich ganz gut gemacht. Es gibt klare Regularien um Spirituosen an den Markt zu bringen. Es gibt das Reinheitsgebot und es gibt auch gesellschaftliche Regelungen einfach weil wir den Umgang mit den Substanzen veruchen zu erlernen. In der Alkohol-Prohibition haben die Leute auch gesoffen aber jede Schei?e, die selbstgebrannt wurde und der Staat hatte keinerlei Kontrolle.

Konsum zu Strukturieren wird langfristig keine Steigerung zur Folge haben. Verbot alleine bringt es nicht und ich glaube auch nicht, dass ein Verbot es interessanter macht wie es ja immer hei?t. Ganz ehrlich mit 15 ist Alkohol nicht interessanter geworden weil er verboten war. Prohibition f?hrt nur dazu, dass wir nicht miteinander reden. Wenn man Umfragen in Schulen macht sieht man ganz gut, dass die Sch?ler erstmal 10 Minuten brauchen um warm zu werden und die Scheu zu verlieren. Dann aber kommt ein sehr interessantes Gespr?ch zu Stande, in dem selbst die Jugendlichen sagen, dass es f?r den Cannabiskonsum beispielsweise klare Regeln braucht. Mit einem Verbot macht man nur den Deckel drauf und das wars.

Welche Intension hattet Ihr das Praxisbuch Suchtpr?vention herauszubringen und gratis anzubieten?

In diesem Buch steckt extrem viel Arbeit. Die Intension dahinter war folgende. Wir wollen, dass die Leute das drau?en verstehen:

  • Was ist eigentlich Sucht?
  • Wie tickt eigentlich die Jungend heute? Wie sind die so drauf?
  • Was ist morderne Suchtpr?vention
  • Wo finde ich Kontaktadressen?
  • Welche Methoden der Pr?vention preferieren wir?

Mit der Unterst?tzung einer gro?en deutschen Krankenkasse kann blu:prevent dieses Buch und die anderen Artikel zum Gl?ck kostenfrei anbieten. Wir wollen nat?rlich ein wenig anregen. Die Leute sollen Lust auf das Thema Sucht bekommen um mit den Menschen ins Gespr?ch zu kommen, den erhobenen Zeigefinger wegstecken und mal fragen: Wie geht es dir eigentlich? Suchtpr?vention ist weit mehr als im Unterricht den Film Christiane F. zu zeigen und damit zeigen zu wollen wie b?se das Alles ist. Wir m?ssen in die Kommunikation kommen und das Thema Sucht etwas entdramatisieren. Auch ist uns wichtig, dass die Menschen verstehen, dass Scuht eine Krankheit ist. Die Gute Nachricht: Die Krankheit ist heilbar wenn ich als Betroffener es auch will. Das war der Hintergrund warum wir dieses Buch an den Start gebracht haben.

Ihr empfehlt Schulungsfilme wie z.B. die gr?ne Brille oder bin ich s?chtig. Kann jeder diese Filme downloaden?

Nein, die sind nicht downloadbar f?r jeden. Wir Arbeiten mit dem Medienprojekt Wuppertal zusammen, das Blaue Kreuz kommt ja auch aus Wuppertal, und mit denen arbeiten wir schon l?nger zusammen weil die Filme alle von jungen Menschen oder jungen Erwachsenen sind. Die Filme kann man sich dort ausleihen und die sind einfach ein wenig aus einer anderen Perspektive. Du hast den Film „Die gr?ne Brille“ angesprochen und der wirkt schon fast motivierend. Deshalb braucht es auch immer Begleitung dazu. Die Filme sind tats?chlich p?dagogisches Arbeitsmaterial und darum ist es auch ganz gut, dass sie nicht einfach so zum Download verf?gbar sind. Ein paar Filme sind sehr klar. Das kann man nicht zwischen den Zeilen lesen. Das Medienprojekt Wuppertal ist auf jeden Fall ein tolles Projekt.

Hast du schonmal konsumiert?

Wenn man Alkohol mit rein nimmt, was man ja sollte, dann ja. Ich hab aber nie mehr gemacht. Wir waren fr?her in unserer Clique immer der Ansicht, dass alles was nicht nat?rlich ist nicht von uns konsumiert werden sollte. Eventuell hatte ich auch Angst davor. Zwischen 15 und 18 jahren haben wir kr?ftig gefeiert. Da wurde schon viel gesoffen aber die zweite Regel war: Nur am Freitag und am Samstag, nie alleine und auch nicht am Morgen. Au?erdem konnte ich mit einem Brausekopf meinen Sport nicht aus?ben.

Deshalb habe ich diese Regeln immmer eingehalten und auch ein wenig nach dem Motto: My body is my temple! In meinem Umfeld wurde allerdings Alles konsumiert. Wirklich von A-Z. Das war Anfang der 90er als die Pillenzeit losging. F?r mich pers?nlich war es verwirrend denn wenn du derjenige bist, der nur ein bis zwei Bier getrunken hat, dann hab ich ?berhaupt nicht mehr verstanden was bei den Anderen abging. Ich war tats?chlich um 3 Uhr dann irgendwann mal m?de w?hrend die Anderen dann erst richtig losgelegt haben.

Gibt es das Komasuafen noch? Du bist ja nah an der Jugend dran.

Gegenfrage: Wie definierst du Komasuafen?

Na so 56 Tiquilia-Shots einfach so!

Sido in „Augen auf“

Das w?re tats?chlich ins Koma gesoffen. Das Thema ist auch total spannend denn auch dort gibt es statistische Werte die besagen was Komasaufen ist. Wissenschaftlich betrachtet ist Komasaufen: 5 Alkoholeinheiten bei einer Trinkgelegenheit einmal im Monat. Also wenn ich an meine letzte Party denke auf der ich war hab ich bestimmt 3 Gl?ser Wein und vlt. noch 2 Bier getrunken. Statistisch gesehen habe ich dort Komasaufen betrieben, was in der Praxis nat?rlich nicht der Fall war. Deshalb muss man statistisch gesehen auch sagen, dass es noch Komasaufen gibt. Auch die Art, die du beschreibst gibt es und die nimmt leider auch ein wenig zu. Das liegt vorwiegend an den Mixgetr?nken.

Die Alkoholindustrie hat vor einiger Zeit festgestellt, dass junge Frauen „zu wenig“ trinken und dann Getr?nke mit Alkohol plus dem zweiten Suchtmittel Zucker entwickelt und auf den Markt gebracht. Damals haben wir das auch gemacht, Vodka Cola oder Whiskey Cola aber wir haben es nocht selbst zusammengemischt und heute bekommst du es halt fertig. Trotzdem m?chte ich hervorheben, dass die Masse der Jugendlichen Alkohol mittlerweile wesentlich bewusster konsumiert als wir damals und eben kein Komasaufen betreibt.

Was m?chtest du (vlt. im Namen von blu:prevent) den H?rern von Sucht und Ordnung zum Abschluss mit auf den Weg geben?

Ganz viel! Also erstmal m?chte ich ich raten unabh?ngig zu bleiben, be independent. Tut Dinge die euch gut tun denn das sind die Dinge die euch am Leben halten. Pflegt zwischenmenschliche Beziehungen und tauscht euch konstruktiv aus. Dominik Forster hat das mal ganz gut gesagt: „Seid leidenschafftlich und sucht eure Leidenschafften, die keine Leiden schaffen!“ Ein leidenschafftlicher Mensch ist ja berauscht von dem was er tut und das reicht ihm ja schon. Wenn man dann doch mal konsumieren will dasnn achtet auf das Innehalten vor dem Konsum, achtet aufeinander w?hrend des Konsums und danach reflektieren ob das wirklich gut war und ob man das nochmal machen will.

Zu guter Letzt w?nsche ich mir mehr Menschlichkeit. Abh?ngige sind keine Assis sondern Menschen die Probleme haben bzw. hatten und die einfach auf diese Weise verarbeitet haben oder noch gar nicht verarbeitet haben. Wir sind alle Menschen und es hilft ?berhaupt nichts sich gegenseitig zu verurteilen.

Beste Gr??e, Roman

Ps: Das vollst?ndige Interview mit einpaar sehr interessanten Abschweifungen k?nnt ihr gerne oben im Player h?ren.

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